Rechtsanwalt bei Handwerkerleistung – was tun bei Streit mit Handwerkern?

Veröffentlicht am: 15.Dezember.2021Kategorien: RechtlichesSchlagwörter: , Lesezeit: 7 Min.
Ärger mit Handwerker
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Nora Wölflick schreibt bei Recht 24/7 über interessante, tagesaktuelle Themen für den Love & Law Blog.


Neue Fenster, frischer Anstrich für die Wände oder luxuriöse Bad-Sanierung: Für solche Arbeiten benötigst du in der Regel einen Handwerker. Doch nicht immer erledigen Handwerksbetriebe die Aufträge zur Zufriedenheit ihrer Kunden. Treten Mängel auf, ist der Frust groß: Muss der Handwerker nachbessern? Darf ich die Rechnung kürzen oder kann ich einfach einen anderen Handwerker beauftragen? Welche Regelungen der Gesetzgeber trifft und wann der Gang zu einem Anwalt erforderlich ist, fasst dieser Artikel zusammen.

Die Grundlage: Der Werkvertrag

Planst du, einen Handwerker zu beauftragen, solltest du zunächst einen Kostenvoranschlag erstellen lassen. Aus diesem geht hervor, welche Arbeiten durchgeführt werden sollen und wie hoch die Kosten sind. Erteilst du anschließend einen entsprechenden Auftrag und wird dieser von einem Handwerker angenommen, kommt ein Werkvertrag zustande. Im Rahmen dieses Vertrages verpflichtet sich der Auftragnehmer – also der Handwerker – zur vertragsgemäßen Durchführung der Arbeiten. Du hingegen verpflichtest dich zur Zahlung der Rechnung, sofern alle Arbeiten ordnungsgemäß erledigt sind. Bei besonders umfangreichen und teuren Projekten ist es empfehlenswert, den Vertrag vor der Unterschrift von einem Anwalt prüfen zu lassen. Auf diese Weise stellst du sicher, dass die von dir gewünschten Arbeiten exakt definiert sind und der Vertrag keine für dich nachteiligen Klauseln enthält. Eine umfangreiche Vertragsprüfung bietet dir unser Vertragscheck – zum fairen Festpreis inkl. aller Nachfragen.

In diesem Zusammenhang ebenfalls interessant: Was unterscheidet einen Bauvertrag von einem Bauträgervertrag?

Vertrag nach VOB oder BGB abschließen?

Als privater Bauherr schließt du mit einem Handwerksbetrieb entweder einen Werkvertrag nach BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) oder VOB (Verdingungsordnung für Bauverträge). Der Unterschied liegt in der jeweiligen Länge der Gewährleistungsfrist. Gemäß VOB verjähren Mängelrechte vier Jahre nach Abnahme, gemäß BGB erlischt die Frist erst nach 5 Jahren.

Gewährleistung nach BGB

  • Anwendung: Gültig für private Bauverträge, sofern nicht anders vereinbart
  • Vorteile: Längere Verjährungsfrist, effektiver Rechtsschutz
  • Nachteile: Verjährungsfrist läuft während der Mängelbeseitigung weiter

Gewährleistung nach VOB

  • Anwendung: Für private Bauherren optional, verpflichtend für öffentliche Auftraggeber
  • Vorteile: Verjährung beträgt 4 Jahre, Verlängerung der Verjährung möglich
  • Nachteile: Zeigen sich Mängel erst nach Ablauf der Frist, müssen diese nicht vom Auftragnehmer ausgebessert werden

Vor der Rechnung steht die Abnahme

Sind alle Arbeiten abgeschlossen, wird eine Abnahme durchgeführt. Dabei überprüfst du als Auftraggeber, ob alles vertragsgemäß durchgeführt wurde. Wichtig: Gemäß § 640 BGB bist du zur Abnahme verpflichtet. Darin heißt es: „Der Besteller ist verpflichtet, das vertragsgemäß hergestellte Werk abzunehmen, sofern nicht nach der Beschaffenheit des Werkes die Abnahme ausgeschlossen ist.“

Kommst du deiner Pflicht zur Abnahme nicht nach, kann dir der Handwerker eine Frist setzen. Verstreicht diese, ohne dass du die Abnahme unter Angabe eines Mangels ausdrücklich verweigerst, gilt die Abnahme als erfolgt. Dieser Vorgang wird als „fiktive Abnahme“ bezeichnet. Danach kehrt sich die Beweislast um. Das bedeutet: Du als Auftraggeber musst nachweisen, dass tatsächlich ein Mangel besteht. Aus diesem Grund sollten Mängel grundsätzlich vor der Abnahme angezeigt werden, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden.

Gewährleistung sieht Recht auf Nacherfüllung vor

Stellst du vor, während oder nach der Abnahme Mängel fest, zeigst du diese umgehend beim Handwerker an und forderst diesen unter Fristsetzung zur Mangelbehebung auf. Der Handwerker hat gem. § 439 BGB die Pflicht, Mängel im Rahmen der sogenannten Nachbesserung bzw. Nacherfüllung zu beheben. Nur so kann er den Vertrag erfüllen und das vereinbarte Werk vertragsgemäß fertigstellen. Die Nacherfüllung kann auf zwei unterschiedliche Weisen durchgeführt werden. Entweder stellt der Handwerker das Werk gänzlich neu her, oder er beseitigt die vorhandenen Mängel am bereits bestehenden Werk. Für welche Art der Nacherfüllung er sich entscheidet, liegt im Ermessen des Unternehmers. Die Kosten für eine Nacherfüllung trägt der Handwerksbetrieb. Dazu zählen insbesondere:

  • Transport- und Wegekosten
  • Arbeitskosten
  • Materialkosten

Auch eventuell erforderliche Kosten für einen Ein- oder Ausbau sind vom Handwerker zu tragen.

Was darf ich bei Mängeln von der Rechnung einbehalten?

Fallen dir nach der Abnahme Mängel auf, musst du nicht den vollen Rechnungsbetrag begleichen. Denn: Gemäß § 641 Abs. 3 BGB kannst du nach Fälligkeit der Rechnung (also nach tatsächlicher oder fiktiver Abnahme) die Zahlung eines angemessenen Teils der Vergütung verweigern – bis der Mangel behoben ist. Welche Summe als Einbehalt bei Mängeln konkret als „angemessen“ gilt, entscheidet sich im Einzelfall. In der Regel gilt das Doppelte der für die Mangelbeseitigung erforderlichen Kosten als angemessen.

Die 5 häufigsten Gründe für Streitigkeiten

Streit mit Handwerkern

Es gibt mehrere Gründe, warum Auftraggeber bei Streitigkeiten mit Handwerkern einen Rechtsanwalt einschalten. Hier ist eine Liste der 5 häufigsten Gründen, priorisiert nach ihrer Häufigkeit:

  • Vertragsverletzung: Wenn der Handwerker die im Vertrag festgelegten Arbeiten nicht wie vereinbart durchführt oder den Zeitrahmen nicht einhält.
  • Mängel und Qualitätsprobleme: Wenn die durchgeführten Arbeiten Mängel aufweisen oder nicht den vereinbarten Qualitätsstandards entsprechen.
  • Nichterfüllung von Garantien: Wenn der Handwerker Garantien oder Gewährleistungen nicht einhält und der Kunde Probleme mit den durchgeführten Arbeiten hat.
  • Streit über Zahlungen: Unstimmigkeiten bezüglich der vereinbarten Preise, Änderungen im Verlauf der Arbeiten oder nicht bezahlter Rechnungen können zu rechtlichen Auseinandersetzungen führen.
  • Verzögerungen und Zeitüberschreitungen: Wenn der Handwerker den Zeitrahmen für die Fertigstellung der Arbeiten erheblich überschreitet oder unangemessene Verzögerungen verursacht.

Kann man Mängel auch von einem anderen Handwerker beseitigen lassen?

Handwerker haben nicht nur die Pflicht, sondern auch das Recht auf Nacherfüllung. Das bedeutet: Du darfst nicht ohne weiteres einen zweiten Handwerker beauftragen, um etwaige Mängel zu beseitigen. Die sogenannte Selbstvornahme – also die Beauftragung eines zweiten Handwerkers – ist nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Beispielsweise dann, wenn der Handwerker die Frist zur Nacherfüllung hat verstreichen lassen, ohne die Mängel zu beseitigen. Auch wenn die Mängel – trotz geeigneter Nacherfüllungsmaßnahmen – weiterhin bestehen, oder der Handwerker die Nacherfüllung ernsthaft und endgültig verweigert, kannst du einen zweiten Handwerker hinzuziehen.

Die Kosten für die Mängelbeseitigung durch ein zweites Handwerksunternehmen trägt grundsätzlich der ursprüngliche Vertragspartner – also der Handwerker, welcher für die Mängel verantwortlich ist. Weißt du bereits im Vorwege, welche Aufwendungen für die Mängelbeseitigung zu erwarten sind, kannst du vom Handwerker einen entsprechenden Vorschuss fordern.

Ärger mit dem Handwerker: Das ist zu tun

Bei Unstimmigkeiten in Bezug auf Mängel, die durchgeführten Arbeiten oder die Handwerkerrechnung ist dein Vertragspartner dein erster Ansprechpartner. Trage dein Anliegen sachlich vor und bitte um eine entsprechende Stellungnahme des Handwerksbetriebes. Bringt diese Kommunikation keine Lösung, solltest du dir externe Hilfe suchen. Einige Handwerkskammern haben eine Schlichtungsstelle. Diese bietet eine Beratung an und hilft dir, eine außergerichtliche Einigung mit dem Handwerker zu erzielen. Schlägt auch diese Maßnahme fehl, solltest du einen Rechtsanwalt einschalten, um deine Ansprüche gerichtlich durchzusetzen.

Das Wichtigste in Kürze

  • Vor Auftragserteilung ist ein Kostenvoranschlag einzuholen
  • Art und Umfang der Arbeiten sowie die Höhe der Vergütung sollten in einem Vertrag schriftlich festgehalten werden
  • Die Durchführung einer Abnahme ist für Auftraggeber gesetzlich verpflichtend
  • Bei Mängeln besteht im Rahmen der Gewährleistung das Recht auf Nacherfüllung
  • Die Beauftragung eines zweiten Handwerkers zur Mängelbeseitigung ist nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig
  • Bei Mängeln darf ein angemessener Teil der Rechnung einbehalten werden
  • Beratungsstellen der Handwerkskammern bieten die Möglichkeit einer außergerichtlichen Einigung

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