BGH-Urteile: Keine Stornogebühren bei Corona bedingter Stornierung

Veröffentlicht am: 09.November.2022Kategorien: RechtlichesSchlagwörter: Lesezeit: 2 Min.
Corona Reiserücktritt
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Christina Schröder schreibt über rechtliche Themen für den Love & Law Blog bei Recht 24/7.

Eine Gesundheitsbeeinträchtigung oder -gefahr aufgrund der Corona-Pandemie kann Reisende zum kostenfreien Rücktritt einer gebuchten Pauschalreise berechtigen. Das entschied der Bundesgerichtshof in zwei Einzelfällen.

Die Gesetzeslage ist eindeutig: Gemäß § 651h BGB können Pauschalreisende vor Reisebeginn jederzeit vom Reisevertrag zurücktreten. Zwar verliert der Reiseveranstalter anschließend den Anspruch auf den vereinbarten Reisepreis, er kann jedoch eine angemessene Entschädigung verlangen. Ob das auch im Falle eines Corona bedingten Rücktritts gilt, musste der BGH klären. Die Urteile haben wegweisenden Charakter.

Keine Entschädigung bei rechtzeitigem Rücktritt

Reisende, die wegen der Corona-Pandemie von einer gebuchten Pauschalreise zurücktreten, müssen unter Umständen keine Stornogebühren bezahlen. Das entschied der BGH am 30. August 2022. Im vorliegenden Fall hatte die Klägerin eine Donau-Kreuzfahrt für rund 1.600 Euro gebucht und diese zwei Wochen vor Abfahrt storniert. Der Reiseveranstalter führte die Kreuzfahrt mit einer verringerten Teilnehmerzahl durch – und behielt von der Klägerin knapp 1.000 Euro als Stornokosten ein. Zu Unrecht, urteile der Bundesgerichtshof (Az.: X ZR 66/21). Die Stornierung sei aufgrund der erheblichen, nicht zumutbaren Beeinträchtigungen an Bord für die Gesundheit der (betagten) Klägerin erfolgt – und somit kostenfrei.

Geschlossenes Hotel kein Grund für kostenfreien Rücktritt

Ist das gebuchte Hotel wegen Corona geschlossen, stellt dies zunächst keinen Grund für einen kostenfreien Rücktritt dar. Zwar ist die Unterbringung in einem anderen Hotel am gleichen Ort grundsätzlich ein Reisemangel, dieser begründe jedoch nicht automatisch einen kostenfreien Rücktritt von der Reise. Vielmehr sei anhand der Art und Dauer der Beeinträchtigung zu prüfen, inwiefern eine Hotelschließung tatsächlich eine unzumutbare Beeinträchtigung darstellen könne – so der BGH in einem zweiten Urteil (Az.: X ZR 84/21).

Die Umstände des Einzelfalls entscheiden über die Stornokosten

Die Urteile belegen vor allem eines: Corona-bedingte Stornierungen lassen sich nicht pauschal beurteilen. Entscheidend ist, ob der Reisemangel für Reisende tatsächlich „unzumutbar“ ist. Dabei werden sowohl die Umstände vor Ort und die Dauer des Mangels als auch die Art der Reise, das Alter des Reisenden sowie dessen etwaige Vorerkrankungen berücksichtigt. Ergibt sich ein Gesamtbild, das den Reisemangel als „erheblich“ darstellt, können Reisende kostenfrei stornieren. Andernfalls können Stornokosten anfallen.