Das neue Insolvenzrecht – der schnelle Weg aus den Schulden

Veröffentlicht am: 19.Dezember.2020Kategorien: RechtlichesSchlagwörter: Lesezeit: 4 Min.
Insolvenzberatung
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Christina Schröder schreibt bei Recht 24/7 für den Love & Law Blog über rechtliche Themen.

Das Konto überzogen, die Firmenkasse leer – die aktuelle Pandemiesituation führt bei vielen Privathaushalten und Unternehmen zu finanziellen Engpässen. Oft ist ein Insolvenzverfahren die letzte Option. Das „Ende“ in einer Insolvenz kann aber auch ein Anfang in eine neue schuldenfreie Zukunft sein.

Was ist ein Insolvenzverfahren

Noch bis in die 90er Jahre gab es für natürliche Personen kein Insolvenzverfahren. Das bedeutete oft für die Schuldner: Lebenslange Schulden, die man mit ins Grab nimmt. Erst mit der Insolvenzordnung (kurz: InsO) hatte man erstmalig seit 1999 die Möglichkeit, auch als Privatmann Insolvenz anzumelden. Das Verfahren ist dabei bei der Privatinsolvenz und der Unternehmensinsolvenz ähnlich: Nach einer Insolvenzberatung, bzw. Schuldnerberatung wird ein Insolvenzverwalter eingesetzt.

Das Insolvenzverfahren wirkt dann wie eine Käseglocke, die über das Vermögen gestülpt wird: Es geht nichts mehr hinein und nichts mehr hinaus. Es wird ein Insolvenzverwalter bestellt, der das noch vorhandene Vermögen an die Gläubiger verteilt. Alle Gläubiger erhalten also einen Anteil von dem was noch unter der Käseglocke liegt. Die Verteilung erfolgt nach dem sogenannten Insolvenzplan, den der Insolvenzverwalter erstellt. Am Ende steht dann die Restschuldbefreiung. Das Unternehmen kann neu starten und dem Privatmann wird nach der Restschuldbefreiung seine Überschuldung von den Schultern genommen. Einem wirtschaftlichem Neustart steht dann nichts mehr entgegen.

Das ist neu!

Wegen der Situation der aktuellen Pandemie hat sich die Regierung in Berlin dazu entschieden, es den Schuldnern leichter zu machen und folgende Maßnahmen ergriffen:

Die s.g. Insolvenzantragspflicht wurde bis zum 30.01.2021 ausgesetzt: Das bedeutet für Schuldner, sie müssen aktuell auch dann keine Insolvenz anmelden, wenn eine drohende Zahlungsunfähigkeit oder bereits eine Überschuldung vorliegt. Anders als es die InsO im Insolvenzverfahren eigentlich vorsieht, hat man also zur Zeit nicht die Verpflichtung sofort Insolvenz anzumelden. Man erhofft sich dadurch, dass Schuldner ein Insolvenzverfahren vermeiden können, wenn sich Ende Januar das Infektionsgeschehen und auch die wirtschaftliche Situation wieder gebessert hat.

Gläubiger müssen sich also aktuell noch gedulden, wobei die Insolvenz oft nur aufgeschoben ist: Falls sich die wirtschaftliche Lage bis Ende Januar nicht gebessert haben sollte, wird bei vielen Unternehmen und Privatpersonen immer noch eine Überschuldung vorliegen. Spätestens dann ist ein Insolvenzantrag zu stellen. Wie angespannt die Situation bei den Schuldnern aktuell ist, zeigt auch die große Nachfrage nach Beratung und eine Ansturm auf die Beratungsstellen. Gerade im Verbraucherinsolvenzverfahren und unter dem Druck der Gläubiger versuchen viele Schuldner, sich bereits jetzt zu informieren, damit sie im Januar nach Wegfall der Befreiung von der Insolvenzantragspflicht die richtigen Entscheidungen treffen können.

Weitere Erleichterungen

Der Staat befürchtet in Folge der Pandemie eine große Anzahl an Insolvenzverfahren nach der InsO, sowohl im Bereich der Verbraucherinsolvenzverfahren als auch im Bereich der Insolvenzverfahren von Unternehmen. Deshalb werden den Schuldnern die folgenden Erleichterungen eingeräumt:

Verkürzung Restschuldbefreiung

Für Insolvenzverfahren die ab dem 01.10.2020 eingereicht werden, wird das Restschuldbefreiungsverfahren auf drei Jahre verkürzt. Das bedeutet: Nach den Regelungen der InsO ist man nach Durchlaufen der Insolvenzberatung und des Insolvenzplans bereits nach drei Jahren schuldenfrei. Die Privatinsolvenz kann also nach dieser kurzen Zeit bereits wieder beendet sein.

Vor allem zum Schutz der Gläubiger ist die Privatinsolvenz und Unternehmensinsolvenz an bestimmte Voraussetzungen gebunden:

Gewinne aus einer Lotterie oder aus Gewinnspielen müssen an den Insolvenzverwalter herausgegeben werden und sind an die Gläubiger zu verteilen. Neu in der InsO ist auch, dass man eine Insolvenz nur einmal alle 11 Jahre anmelden kann. Hierdurch sollen Gläubiger vor Schuldnern geschützt werden, die öfters – dann wohl auch selbst verschuldet – in eine Insolvenzsituation geraten. Schuldnerberatungen weisen auf diesen Punkt in der Regel gleich am Anfang einer Beratung hin: Erst wenn erkennbar nicht mehr alle Gläubiger befriedigt werden können und „genügend“ Schulden vorliegen, sollte die einmalige Möglichkeit ergriffen werden, die Insolvenz zu beantragen. Bei geringen und noch bedienbaren Schulden werden Schuldnerberatungen eher von einer Insolvenz nach der InsO abraten. Denn in vielen Fällen kann man eine Insolvenz nach Insolvenzberatung oder Schuldnerberatung vermeiden, z.B. auch durch Zahlungspläne mit den Gläubigern. Ein Insolvenzverfahren kann dann abgewendet werden und eine vollständige Restschuldbefreiung ist nicht mehr erforderlich.

Die aktuellen Änderungen zeigen auch, dass der Gesetzgeber jedem Schuldner eine faire zweite Chance geben will. Das gilt gerade in der aktuellen Situation der weltweiten Pandemie, die in bestimmten Branchen zu massiven Umsatzeinbrüchen geführt hat.

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