Selbstständig, aber pleite? Warum die Freiheit für viele teuer wird

Mehr Freiheit, weniger Sicherheit – Willkommen in der Realität der Freelancer
Selbstständig sein klingt für viele nach dem großen Traum: kein Chef, freie Zeiteinteilung, Arbeiten von überall. Doch der Alltag vieler Freelancer in Deutschland sieht ganz anders aus – unsichere Auftragslage, stagnierende Honorare und wachsende Unzufriedenheit sind längst keine Ausnahmen mehr, sondern die Regel.
Ob Grafikdesigner, Texterin oder IT-Berater: Der Weg in die Selbstständigkeit ist ein mutiger Schritt – aber längst nicht mehr automatisch der lukrativste.
Der Gender Pay Gap bleibt ein hartnäckiges Problem
Freelancerinnen verdienen nach wie vor weniger als ihre männlichen Kollegen – und das unabhängig von Branche oder Erfahrung. Laut Daten von freelance.de liegt der durchschnittliche Stundensatz für Männer bei 102 Euro, bei Frauen bei nur 94 Euro. Das entspricht einem Gender Pay Gap von 11 Prozent.
Ein bisschen Hoffnung gibt es: Laut dem Konkurrenten Freelancermap schmilzt die Lücke auf nur noch drei Prozent – dort verdienen Männer im Schnitt 105 Euro, Frauen immerhin 102 Euro. Doch egal, welcher Statistik man mehr glaubt: Fakt ist, dass der Unterschied noch immer da ist – und in einigen Branchen wie Marketing oder Verwaltung besonders groß.
Wirtschaftskrise drückt auf die Honorare
Noch gravierender ist die allgemeine finanzielle Unsicherheit. Zwar gibt es einzelne Top-Verdiener, aber die Mehrheit lebt auf Kante. Nur ein Drittel der Befragten machte letztes Jahr mehr als 100.000 Euro Gewinn. Für 44 Prozent reichte es gerade mal für weniger als 50.000 Euro.
Und es wird nicht besser. Die Zahl derer, die ihre Stundensätze erhöhen konnten, ist so niedrig wie seit Jahren nicht. Viele Freelancer ließen ihre Preise unverändert – aus Angst, Kund:innen zu verlieren. Elf Prozent senkten sogar ihre Honorare. Kein Wunder, dass sich immer mehr Selbstständige Sorgen um die Zukunft machen: Zwei Drittel erwarten für 2025 eine schlechte Auftragslage. 2023 war es noch ein Viertel. Der Druck steigt – und mit ihm der Frust.
Selbst und ständig: Die Realität hinter der Unabhängigkeit
Die Vorteile der Selbstständigkeit – Freiheit, Flexibilität, Selbstbestimmung – bleiben bestehen. Doch sie kommen mit einem hohen Preis. Kein regelmäßiges Einkommen, kaum Absicherung im Krankheitsfall, Altersvorsorge komplett privat. Verhaltensökonom Hartmut Walz rät: „Wer sich selbstständig macht, sollte Rücklagen für sechs bis zwölf Monate ohne Einkommen haben.“
Im Schnitt empfehlen die Befragten von Freelancermap, mindestens 22.300 Euro als finanziellen Puffer. Viele legen monatlich 1.100 Euro zurück – meistens für die Rente, in Wertpapiere oder Immobilien. Wer das nicht kann, steht schnell ohne Netz da.
RECHT 24/7 sagt dazu:
Die Selbstständigkeit wird oft als moderner Traumjob verkauft – aber in der Realität ist sie ein hartes Pflaster. Besonders ärgerlich: Der Gender Pay Gap ist auch in der freien Wirtschaft nicht wegzubekommen. Und die Politik schaut zu, als ginge sie das nichts an.
Wer heute in Deutschland selbstständig arbeitet, braucht Mut, Disziplin – und gute Nerven. Bürokratie, Steuerdschungel, Versicherungschaos und ständige Existenzangst gehören leider zum Alltag vieler Freelancer.
Unsere Meinung? Selbstständig arbeiten ja – aber bitte nicht alleine gelassen werden! Warum gibt’s kein Freelancer-Schutzschirm bei Wirtschaftsflauten? Warum keine bezahlbare Altersvorsorge-Option vom Staat für die, die keine Firma hinter sich haben?
Solange das nicht kommt, bleibt Selbstständigkeit in Deutschland: ein Job mit Risiko – und zu wenig Rückendeckung.