Richter klagt auf mehr Gehalt – und scheitert: Verdienen OLG-Richter wirklich zu wenig?
Gericht findet Gehalt noch okay
Ein OLG-Richter in Karlsruhe wollte mehr Geld – und zwar ordentlich. Zehn Jahre rückwirkend wollte er seine Besoldung nachträglich erhöhen lassen. Seine Begründung: Die Bezahlung sei verfassungswidrig niedrig und reiche nicht für ein amtsangemessenes Leben mit Familie. Doch seine Kollegen am Verwaltungsgericht Karlsruhe sahen das ganz anders – und wiesen die Klage ab.
Der Mann, verheiratet, Vater von zwei Kindern, ist in der Besoldungsgruppe R2 eingestuft – also keineswegs in der unteren Gehaltsliga. Dennoch fühlte er sich unterbezahlt und verwies auf das Alimentationsprinzip, also das verfassungsrechtlich garantierte Recht auf eine amtsangemessene Lebensgrundlage. Doch die Richter des Verwaltungsgerichts fanden: Die Bezüge sind im Rahmen – (noch).
R2-Besoldung: Zwischen Robe und Realität
Wer denkt, Richtergehälter seien fürstlich, wird durch diesen Fall vielleicht überrascht: In der Besoldungsgruppe R2 verdienen Richter in Baden-Württemberg aktuell zwischen rund 6.400 und 8.800 Euro brutto im Monat – abhängig von der Berufserfahrung. 2012 lag der Einstieg sogar bei nur gut 4.600 Euro.
Das ist nicht wenig, aber eben auch nicht extravagant – vor allem im Vergleich mit der Wirtschaft. Und: Mit Familie, Kindern und steigenden Lebenshaltungskosten bleibt da oft weniger Spielraum als gedacht. Der klagende Richter argumentierte daher, seine Lebensführung sei mit dem Gehalt nicht mehr mit der nötigen Würde vereinbar – doch das Verwaltungsgericht widersprach. Die Bezahlung sei vergleichbar mit den Tarifsteigerungen im öffentlichen Dienst, der Abstand zu anderen Besoldungsgruppen „noch“ gewahrt, ein Rückstand zur allgemeinen Lohnentwicklung nicht erkennbar.
Besonders interessant: Für die Jahre 2012 und 2013 hatte der Kläger einfach zu spät Widerspruch eingelegt – da war formell ohnehin nichts mehr zu holen.
Wird das Urteil zum Präzedenzfall – oder zur Farce?
Die Richter in Karlsruhe räumten immerhin ein, dass die Schere zwischen den niedrigeren und höheren Besoldungsgruppen zunehmend zusammenrutscht. Das nennt man in der Verwaltung „Stauchung“. Trotzdem sei der Abstand (noch) akzeptabel. Aber genau dieses „noch“ lässt aufhorchen: Wie lange ist es noch „ausreichend“?
Und was ist mit der EU? Die EU-Kommission kritisierte 2022, dass deutsche Richter im europäischen Vergleich schlecht bezahlt werden – besonders angesichts des Fachkräftemangels in der Justiz. Junge Jurist:innen entscheiden sich oft lieber für lukrativere Jobs in Kanzleien oder Unternehmen. Die Debatte ist also nicht vom Tisch – im Gegenteil: Sie wird jetzt erst richtig losgehen.
Wer Recht spricht, sollte auch fair bezahlt werden!
Eins ist klar: Wer als Richter oder Richterin Verantwortung für Recht und Gerechtigkeit trägt, sollte nicht wie ein Bittsteller vor Gericht stehen müssen, um seine eigene Bezahlung zu überprüfen. Dass der Kollege in Karlsruhe damit jetzt gescheitert ist, mag juristisch korrekt sein – doch moralisch und politisch ist die Sache nicht vom Tisch.
Die Justiz muss attraktiver werden, und dazu gehört auch eine faire und zukunftsfähige Bezahlung. Wenn der Staat erwartet, dass Spitzenjuristen ihre Karriere dem Gemeinwohl widmen, muss er auch entsprechend entlohnen – sonst läuft bald keiner mehr in die Robe.