„Ossi“-Aufkleber mit SS-Runen: Gericht muss neu verhandeln – Nazi-Symbol oder Rock-Fan-Kitsch?

Veröffentlicht am: 07.April.2025Kategorien: RechtlichesLesezeit: 2 Min.
KISS Album
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Kilian Floß verfasst Blogartikel zu rechtlichen und tagesaktuellen Themen für den Love & Law Blog.

Streit um zwei Buchstaben mit Sprengkraft

Kann ein harmlos gemeinter Autoaufkleber plötzlich strafbar sein? Genau das beschäftigt derzeit die Justiz in Niedersachsen. Es geht um das Wort „Ossi“, das auf dem Auto eines Mannes prangt – allerdings mit einer besonderen Typografie: Die beiden „ss“ sind so gestaltet, dass sie stark an die SS-Runen der nationalsozialistischen Schutzstaffel erinnern. Die Staatsanwaltschaft sieht darin den verbotenen Gebrauch verfassungsfeindlicher Kennzeichen – und bekommt nun Rückendeckung vom Oberlandesgericht (OLG) Braunschweig.

Das hatte nämlich ein vorheriges Urteil des Amtsgerichts Northeim aufgehoben, in dem der Mann noch freigesprochen wurde. Der Fall wird jetzt neu verhandelt – und die entscheidende Frage bleibt: War es ein bewusster Verstoß gegen das Strafgesetzbuch oder schlicht ein Missverständnis in Sachen Design?

Rockband „Kiss“ oder Nazi-Vergleich?

Der Angeklagte selbst beteuert: Die auffällige Gestaltung der Buchstaben sei ein Zitat – aber nicht aus der Nazi-Zeit, sondern von der amerikanischen Rockband „Kiss“, die ebenfalls markante „Blitz-S“-Symbole in ihrem Logo nutzt. Er habe keinerlei politische Botschaft vermitteln wollen.

Doch genau dieser Punkt ist juristisch heikel: Es reicht nicht aus, dass ein Symbol objektiv einer Nazi-Darstellung ähnelt – entscheidend ist auch der Vorsatz. Wusste der Mann also, was er da auf sein Auto klebte? Oder war ihm der geschichtliche Hintergrund schlicht nicht bewusst?

OLG fordert: Mehr Details, bitte!

Das Problem: Das Amtsgericht hatte zwar die Ähnlichkeit der Buchstaben mit NS-Symbolik erkannt, aber dem Angeklagten keine böse Absicht nachweisen können – und ihn freigesprochen. Doch dem OLG Braunschweig war das zu dünn. Es kritisierte die unzureichende Beschreibung des Aufklebers im Urteil. Ohne eine detaillierte Darstellung – oder zumindest ein Foto – sei gar nicht zu beurteilen, ob das Urteil nachvollziehbar und rechtlich haltbar ist.

Auch der Vergleich zur Rockband „Kiss“ wurde laut OLG nicht sauber geprüft: Wenn die Verteidigung auf Ähnlichkeiten zu einem bekannten Musiklogo verweist, müsse auch dieses Vergleichszeichen genau beschrieben werden, um die Glaubwürdigkeit der Argumentation zu bewerten.

Was bedeutet das für den Angeklagten?

Zunächst einmal: Er ist nicht automatisch verurteilt. Das OLG hat nur den Freispruch aufgehoben, weil er rechtlich nicht ausreichend begründet war. Nun muss das Amtsgericht noch einmal genau hinsehen – und sowohl die Optik des Aufklebers als auch die Gedankenwelt des Angeklagten sauber bewerten.

Dabei wird es entscheidend sein, ob der Mann sich tatsächlich der NS-Symbolik bediente oder ob sein Design-Fehler ein unglücklicher Zufall war. Denn das Strafrecht verlangt in solchen Fällen nicht nur Ähnlichkeit mit einem Nazi-Symbol, sondern auch einen entsprechenden Vorsatz.

Zwischen harmloser Nostalgie und strafbarem Symbolgebrauch

Der Fall zeigt: Auch vermeintlich kleine Gesten können große rechtliche Wellen schlagen, wenn sie mit sensibler Symbolik arbeiten. Ob „Kiss“-Fan oder doch rechtsradikaler Code – das Gericht muss nun Klarheit schaffen. Und wer seine Autoaufkleber in Zukunft mit Blitzsymbolen gestaltet, sollte besser zweimal hinschauen.

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