Glaubenskrieg im Kreißsaal: Klinik verbietet Arzt Schwangerschaftsabbrüche – sogar in seiner Privatpraxis
Wenn Religion Medizin verdrängt
Was passiert, wenn Kirche und Klinik fusionieren? Im Fall von Prof. Dr. Joachim Volz ist die Antwort drastisch: Der Chefarzt darf keine Schwangerschaftsabbrüche mehr vornehmen – nicht mal, wenn sie medizinisch notwendig sind. Und das nicht nur im Krankenhaus, sondern auch in seiner privaten Praxis.
Der Hintergrund: Das ehemals evangelische Klinikum Lippstadt wurde mit einem katholischen Krankenhaus zusammengelegt. Bedingung der katholischen Seite: Keine Abbrüche mehr, außer wenn die Mutter in Lebensgefahr ist. Ein massiver Eingriff – nicht nur in die medizinische Praxis, sondern auch in die persönliche Überzeugung eines erfahrenen Arztes.
Volz war über 13 Jahre Chefarzt und hat in dieser Zeit die Klinik zur Top-Adresse für Geburten gemacht. Und ja, auch medizinisch indizierte Abbrüche durchgeführt – in seltenen, aber extrem belastenden Fällen. Jetzt wird ihm das untersagt. Seine Reaktion? Klage vor dem Arbeitsgericht.
Wenn der Arbeitgeber bis in die Privatpraxis regiert
Besonders brisant: Selbst in seiner 50 Kilometer entfernten Privatpraxis soll Volz keine Abbrüche mehr durchführen dürfen. Obwohl diese Praxis von der Klinik als genehmigte Nebentätigkeit anerkannt ist – und er dort eigentlich eigenständig handelt.
Aber darf ein Arbeitgeber so weit in das Privatleben eingreifen? Diese Frage steht nun im Zentrum des juristischen Streits. Volz sieht sich in seiner ärztlichen Freiheit und seinen Grundrechten beschnitten – besonders, da medizinisch indizierte Abbrüche nicht leichtfertige Eingriffe, sondern medizinische Notwendigkeiten sind.
Was viele nicht wissen: Schwangerschaftsabbrüche aus medizinischen Gründen – zum Beispiel bei tödlichen Fehlbildungen des Fötus – sind in Deutschland legal. Doch kirchliche Träger dürfen sie in ihren Kliniken verbieten. Und sie tun das. Nicht selten. Und mit voller Rückendeckung von Kirche und Gesetz.
Wer hat das letzte Wort: Glauben oder Gesetz?
Volz beruft sich auf ärztliche Ethik, das Grundgesetz, seine Berufserfahrung – die Gegenseite auf den Gesellschaftsvertrag der Fusion, das kirchliche Arbeitsrecht und die sogenannte Wohlverhaltenspflicht von Führungspersonal.
Die katholische Kirche sieht Abtreibung als Mord – das ist deren Position. Aber darf sie diese Haltung Ärzten aufzwingen, die genau das Gegenteil für medizinisch vertretbar halten? Und was passiert mit Patientinnen, die genau jetzt auf ärztliche Hilfe angewiesen wären? Sie müssen andere Kliniken suchen – oft weit entfernt, oft mit wenig Zeit, oft in ohnehin schwierigen Situationen.
Dass Volz auch junge Ärztinnen und Ärzte ausbildet, die den Umgang mit solchen Eingriffen lernen müssen, macht die Sache noch kritischer. Wird hier nicht nur Medizin verhindert, sondern auch die Zukunft medizinischer Versorgung untergraben?
Medizin ist kein Ort für Dogmen
Was hier passiert, ist ein Paradebeispiel dafür, wie religiöse Prinzipien plötzlich über medizinische Standards gestellt werden – auf Kosten von Patientinnen, Ärzten und der Versorgungssicherheit.
Ein Krankenhaus ist kein Kloster. Wer in Deutschland medizinisch indizierte Abbrüche verbietet, verbaut nicht nur Frauen den Weg zu einer Versorgung in Notlagen – er ignoriert auch das Recht auf Selbstbestimmung und die Pflicht zur Hilfeleistung.
Noch absurder: Der Staat hat dieses katholische Krankenhaus mit Steuergeldern gerettet – und jetzt setzt eben dieser staatlich gerettete Träger Bedingungen durch, die Millionen Frauen in Deutschland nicht nachvollziehen können.
Ein Mann kämpft hier für seine Überzeugung – und für die Rechte seiner Patientinnen. Der Fall wird Schule machen. Und er zeigt: Die Debatte um das kirchliche Arbeitsrecht ist noch lange nicht beendet. Aber sie wird bitter nötig.
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