Glatteis-Drama in Tutzing: Warum eine Rentnerin jetzt 10.000 Euro bekommt – und was das für Städte bedeutet

Veröffentlicht am: 28.Mai.2025Kategorien: RechtlichesLesezeit: 2 Min.
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Nora Wölflick schreibt bei Recht 24/7 über interessante, tagesaktuelle Themen für den Love & Law Blog.

Der Sturz, der alles veränderte

Ein Abend im Januar 2019 – klirrend kalt, spiegelglatt. In der Tutzinger Schmiedgasse verliert die damals 73-jährige Sebahat Ö. auf dem Weg zur Arbeit den Halt, stürzt und bricht sich das linke Sprunggelenk. Die Folge: zwei Operationen, ein langer Krankenhausaufenthalt, anhaltende Schmerzen und das abrupte Ende ihrer Tätigkeit als Reinigungskraft in einer Bankfiliale. Ein Moment der Unachtsamkeit? Nein – ein Versäumnis der Gemeinde, entschied jetzt das Landgericht München II.

Der Rechtsstreit zog sich über beinahe fünf Jahre. Am Ende sprach das Gericht der Rentnerin 10.000 Euro Schmerzensgeld sowie knapp 1.800 Euro Schadensersatz zu. Warum? Weil die Gemeinde ihrer Streupflicht nicht ausreichend nachgekommen ist. Ein klarer Verstoß gegen die sogenannte Verkehrssicherungspflicht – auch wenn das Gericht das so nicht genannt hat, im Kern war genau das das Problem: Die Kommune hätte die Glätte entschärfen müssen.

Ein Eisfleck und seine Folgen

Was wie ein banaler Ausrutscher klingt, hatte für Sebahat Ö. dramatische Auswirkungen: Ihre Mobilität ist dauerhaft eingeschränkt, selbst Haushaltsarbeiten fallen ihr schwer. Die Schmerzen begleiten sie bis heute. Und auch das juristische Nachspiel war kein Spaziergang. Zwischen Pandemie, wechselnden Richtern und langen Wartezeiten kämpfte die Klägerin über Jahre hinweg um Anerkennung und Entschädigung.

Im Verfahren forderte sie rund 21.000 Euro – das Gericht sprach ihr etwa die Hälfte zu. Die Forderung, dass die Gemeinde auch für mögliche zukünftige Gesundheitsprobleme zahlen soll, wurde hingegen abgelehnt. Ein medizinisches Gutachten kam zu dem Schluss, dass keine weiteren Spätfolgen zu erwarten sind.

Was Städte und Gemeinden jetzt lernen müssen

Das Urteil ist ein Weckruf für Kommunen. Streupflicht ist kein „Nice to have“ – sie ist eine essenzielle Verantwortung. Gerade in kleinen Straßen und Gassen, wie der Schmiedgasse in Tutzing, wo Anwohner und Pendler unterwegs sind. Wer hier spart oder sich auf Ausreden verlässt, riskiert nicht nur das Wohl von Menschen – sondern auch handfeste Schadensersatzforderungen.

Wer streut, lebt sicherer. Wer nicht streut, zahlt.

Dass eine Rentnerin fünf Jahre lang kämpfen muss, um für einen glasklaren Fall eine Entschädigung zu erhalten, ist nicht nur traurig – es ist auch ein Armutszeugnis für unser Rechtssystem. Warum dauert es so lange, bis eine Kommune für ein offensichtliches Versäumnis geradestehen muss? Der Fall zeigt: Nicht nur der Gehweg war glatt – auch die Justiz war auf dünnem Eis unterwegs. Immerhin hat am Ende die Vernunft gesiegt. Bleibt zu hoffen, dass das Urteil nicht nur Tutzing wachrüttelt.

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