David gegen Goliath – und trotzdem ein Sieg fürs Klima

Veröffentlicht am: 04.Juni.2025Kategorien: RechtlichesLesezeit: 3 Min.
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Nora Wölflick schreibt bei Recht 24/7 über interessante, tagesaktuelle Themen für den Love & Law Blog.

Warum das abgewiesene Urteil gegen RWE weltweit Wellen schlägt – und was es für künftige Klimaklagen bedeutet

Klage abgewiesen? Ja. Aber nicht bedeutungslos.

Es klingt auf den ersten Blick wie eine Niederlage: Der peruanische Bauer Saúl Luciano Lliuya wollte RWE für den Klimawandel verantwortlich machen – und verlor. Doch wer genauer hinsieht, erkennt: Dieses Urteil könnte der Anfang einer ganz neuen rechtlichen Bewegung sein.

Worum ging’s? Lliuya lebt in den Anden, unterhalb eines Gletschers, der wegen steigender Temperaturen schmilzt. Die Gefahr: Eine Gletscherflut könnte sein Dorf zerstören. Seine Idee: Der deutsche Energieriese RWE, einer der größten CO₂-Verursacher Europas, soll sich an den Kosten für Schutzmaßnahmen beteiligen. Schließlich trägt das Unternehmen eine relevante Mitschuld am Klimawandel – so das Argument.

Das Oberlandesgericht Hamm entschied: Im konkreten Fall liegt keine akute Gefahr für das Grundstück des Klägers vor – deshalb keine Entschädigung. Aber: Das Gericht hat nicht ausgeschlossen, dass es grundsätzlich zu solchen Ansprüchen kommen kann. Und genau das ist ein Paukenschlag.

Vom deutschen Zivilrecht zur globalen Klimagerechtigkeit

Spannend wird es vor allem bei einem kleinen, aber feinen juristischen Detail: Das Gericht wendet den sogenannten „Störerparagrafen“ (§ 1004 BGB) auf einen globalen Zusammenhang an. Was das bedeutet? Dass ein Unternehmen auch dann zur Rechenschaft gezogen werden kann, wenn seine Emissionen nicht direkt, aber relevant zur Gefahr an einem anderen Ort beitragen.

Damit ist zum ersten Mal in Deutschland (und wohl weltweit) gerichtlich anerkannt, dass CO₂-Emissionen juristisch als Störung gelten können – zumindest, wenn sie in großer Menge ausgestoßen werden. Für Kleinemittenten heißt das: keine Gefahr. Für Großkonzerne wie RWE: rechtliches Risiko wächst.

Die Richter betonten außerdem, dass RWE über 100 Millionen Tonnen CO₂ pro Jahr ausstößt – also deutlich mehr als der Durchschnittsverbraucher. Damit ist klar: Wer groß emittiert, kann auch groß verantwortlich gemacht werden.

Klimaklagen weltweit: Die Lawine rollt

Dieses Urteil wird mehr bewegen, als es auf den ersten Blick scheint. Weltweit versuchen Umweltgruppen und Einzelpersonen, Konzerne für Klimaschäden haftbar zu machen. Bisher scheiterte das oft an der juristischen Hürde: Wer ist wirklich schuld?

Doch jetzt bahnt sich eine Lösung an: Die sogenannte Zuordnungsforschung – ein neues wissenschaftliches Feld, das genau diese Frage beantworten soll. Sie will herausfinden, wie viel Klimaschaden auf wessen Konto geht. Wenn diese Zahlen belastbar werden, könnten Unternehmen sich künftig nicht mehr einfach rausreden.

Für Lliuya mag das Urteil eine persönliche Enttäuschung sein – aber für die Klimabewegung ist es ein Meilenstein. Denn erstmals hat ein deutsches Gericht den Türspalt zur Klimagerechtigkeit geöffnet.

Dieses Urteil hat Sprengkraft

RWE kann nicht mehr einfach sagen: „Wir sind nicht schuld.“ Der Gedanke, dass Emissionen justiziabel werden, war vor zehn Jahren noch Science-Fiction. Jetzt sind wir mittendrin.

Natürlich muss Recht auch realistisch bleiben. Kein Gericht der Welt kann den Klimawandel alleine stoppen. Aber es kann Verantwortung greifbar machen. Und genau das ist hier passiert. Der Satz „Die Gletscher schmelzen weiter“ sollte uns nicht nur wachrütteln – sondern auch dazu bringen, juristische Verantwortung nicht länger auszusitzen.

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