Blitzer ohne Rohdaten – ist das noch gerecht? Jetzt muss der BGH ran

Veröffentlicht am: 13.Mai.2025Kategorien: RechtlichesLesezeit: 3 Min.
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Christina Schröder schreibt über rechtliche Themen für den Love & Law Blog bei Recht 24/7.

Wenn der Blitzer „vergisst“ – und das Recht auf der Strecke bleibt

Geblitzt, erwischt – bezahlt? Ganz so einfach ist es nicht mehr. Denn im Saarland geht es nun um eine große Grundsatzfrage: Darf ein Bußgeld auf einem Messergebnis beruhen, das technisch nicht überprüfbar ist? Der Fall könnte große Wellen schlagen – denn betroffen sind potenziell Tausende Bußgeldverfahren bundesweit. Und der Bundesgerichtshof (BGH) muss nun klären, ob solche Blitzer überhaupt rechtlich einwandfrei sind.

Die unsichtbare Lücke im Messverfahren

Worum geht’s konkret? Ein Autofahrer wurde außerhalb geschlossener Ortschaften mit 35 km/h zu viel geblitzt – und sollte 250 Euro zahlen. Das verwendete Messgerät berechnete den Wert, löschte aber die Rohdaten sofort nach der Auswertung. Eine spätere Überprüfung durch den Betroffenen oder einen Gutachter? Unmöglich.

Sein Anwalt sagte: Moment mal – das verletzt das Recht auf ein faires Verfahren! Denn wie soll man sich verteidigen, wenn man den Beweis gar nicht prüfen kann? Das Amtsgericht St. Ingbert winkte die Argumente durch. Doch das saarländische Oberlandesgericht (OLG) sieht es anders – und hat nun den BGH eingeschaltet.

Fairer Prozess vs. funktionierende Massenverfolgung

Der Knackpunkt: In ganz Deutschland gilt derzeit, dass standardisierte Messverfahren grundsätzlich als zuverlässig gelten. Gerichte gehen davon aus, dass strenge Kalibrierung und Bedienungsvorschriften die Ergebnisse ausreichend absichern. Ein Recht auf neue Beweismittel, wie die Rohmessdaten, besteht laut der bisherigen OLG-Linie nicht.

Das Bundesverfassungsgericht hat sogar mehrfach Beschwerden gar nicht erst zur Entscheidung angenommen – auch wenn es betonte, dass gespeicherte Daten selbstverständlich herauszugeben seien. Das klingt nach einem klaren Fall, aber nur auf dem Papier.

Denn der Saarländische Verfassungsgerichtshof hat sich schon 2019 quergestellt: Wenn die Grundlagen einer Verurteilung nicht nachvollzogen werden können, fehle es an einem fairen Verfahren – Punkt. Genau dieser Meinung könnte sich nun auch der BGH anschließen. Und das wäre ein echter Gamechanger.

BGH-Urteil könnte viele Blitzer ins Aus stellen

Sollte der Bundesgerichtshof entscheiden, dass Bußgelder nur dann rechtmäßig verhängt werden dürfen, wenn Betroffene Zugang zu den Messdaten haben, hätte das immense Auswirkungen. Zahlreiche derzeit genutzte Geräte müssten ersetzt oder technisch umgerüstet werden. Und etliche abgeschlossene Verfahren könnten neu aufgerollt werden – mit entsprechenden Folgen für die Justiz und für Autofahrer, die bislang keine Chance auf Gegenbeweise hatten.

Ein Präzedenzfall dieser Größenordnung ist selten. Und er betrifft am Ende jeden – denn wer kann schon sicher sein, nicht irgendwann selbst in die Radarfalle zu geraten?

Blitzen darf nicht zur Einbahnstraße werden. Der Staat verlangt Geld – aber wer zahlen soll, hat kein Werkzeug zur Verteidigung? Das klingt nach Bürokratie-Autopilot, nicht nach Rechtsstaat. Der Gesetzgeber hat jahrelang weggeschaut und sich hinter dem Etikett „standardisiertes Verfahren“ versteckt. Doch „standardisiert“ heißt nicht „unantastbar“. Wer misst, muss beweisen können – und wer nicht speichern will, darf nicht kassieren.

Du hast Zweifel an einem Blitzerbescheid? Kontaktiere uns jetzt und lass uns deinen Fall prüfen, bevor es zu spät ist!

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