Berufsverbot für angehende Lehrerin: Zensur oder Notwendigkeit?

Veröffentlicht am: 29.Januar.2025Kategorien: ArbeitsweltLesezeit: 3 Min.
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Nora Wölflick schreibt bei Recht 24/7 über interessante, tagesaktuelle Themen für den Love & Law Blog.

Von Aktivistin zur „potenziellen Gefahr“ – Was steckt hinter dem Entscheid?

Die 28-jährige Münchnerin Lisa Poettinger steht vor einem schwerwiegenden Dilemma: Sie möchte Lehrerin werden und dabei ihre Leidenschaft für den Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit einbringen. Doch ihre politischen Aktivitäten und ihre Zugehörigkeit zu bestimmten Gruppen, die vom Verfassungsschutz als linksextremistisch eingestuft wurden, bringen sie in die Schlagzeilen – und nun droht ihr ein Berufsverbot. Das Kultusministerium in Bayern verweigert ihr die Zulassung zum Referendariat für das Lehramt am Gymnasium. Grund dafür sind nicht ihre fachlichen Qualifikationen, sondern ihre politische Haltung und ihre Mitgliedschaft in Gruppen wie „Smash IAA“ und dem „Offenen Antikapitalistischen Klimatreffen München“. Diese Organisationen haben in den letzten Jahren immer wieder für Aufmerksamkeit gesorgt, meist mit Demonstrationen und Aktionen gegen Umweltzerstörung und soziale Ungleichheit.

Kritische Haltung oder Gefährdung der Verfassung?

Lisa Poettinger selbst ist von der Entscheidung nicht überrascht. Sie weiß, dass ihre politischen Überzeugungen und ihre Teilnahme an Aktionen gegen das etablierte System bei den Behörden nicht gut ankommen könnten. Auf X, der ehemaligen Plattform Twitter, bezeichnet sie sich als „Marxistin“ und führt an, dass für sie „Klimaschutz = Klassenkampf“ bedeutet. Doch das Kultusministerium sieht in ihrem Engagement mehr als nur politisches Engagement: Sie wird als potenzielle Gefahr für die freiheitlich-demokratische Grundordnung betrachtet. Dabei betont das Ministerium, dass es sich nicht um ein generelles Berufsverbot handelt – Poettinger könne sich später noch um eine Verbeamtung bemühen, allerdings müsse sie sicherstellen, dass sie die Werte der Verfassung respektiert.

Die Reaktionen der Politik: Befürworter und Gegner des Ausschlusses

Politiker aus verschiedenen Lagern reagieren sehr unterschiedlich auf den Fall. Während Vertreter der SPD und der Linken das Vorgehen als unrechtmäßig und als Angriff auf die Meinungsfreiheit kritisieren, steht die FDP hinter der Entscheidung des Kultusministeriums. „Im Staatsdienst hat jemand mit solchen Überzeugungen nichts zu suchen“, so Martin Hagen, der Vorsitzende der bayerischen FDP. Auf der anderen Seite sieht die SPD in der Entscheidung eine unzulässige Einschränkung der beruflichen Chancen, die durch politische Haltung bestimmt wird – ein gefährlicher Schritt in eine Richtung, die politisch motivierte Ausschlüsse im öffentlichen Dienst ermöglicht.

Der schmale Grat zwischen politischer Freiheit und öffentlichem Dienst

Kann jemand, der sich stark für Umwelt und soziale Gerechtigkeit einsetzt, gleichzeitig als Staatsdiener arbeiten? Und sollte jemand, der sich politisch engagiert, automatisch von einer Beamtenlaufbahn ausgeschlossen werden? Diese Frage bleibt komplex. Der Fall von Lisa Poettinger ist kein Einzelfall – ähnliche Diskussionen gab es schon bei „Reichsbürgern“ und Neonazis, die vom Staatsdienst ausgeschlossen wurden. Doch der Ausschluss von Aktivisten, die „gegen Rechts“ oder „gegen Kapitalismus“ demonstrieren, wirft ein kritisches Licht auf die Grenzen der Meinungsfreiheit. Was ist die Grenze zwischen politischer Überzeugung und Gefahr für die Verfassung? Und vor allem: Sollte der Staat entscheiden, welche politischen Meinungen in den öffentlichen Dienst passen?

Es wird spannend zu beobachten sein, wie sich dieser Fall weiterentwickelt – und ob Poettinger tatsächlich erfolgreich gegen die Entscheidung vorgeht. Ein klarer, definitiver Standpunkt wird sich hier wohl noch lange nicht finden lassen.

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